Bei mir sieht es nicht aus wie im Katalog
„Bei meiner Freundin sieht es aus wie im Katalog, aber bei mir ist es IMMER unordentlich.“
Das höre ich immer wieder von meinen Kunden.
Aber was soll das bedeuten, „da sieht es aus wie im Katalog?“
Meistens meinen wir damit Bilder von Wohnungen, in denen nicht eine Winzigkeit herumliegt. In den Regalen befindet sich fast nichts wie hier beim „Bücherregal“ von Tch... (Hä? Wo sind denn da Bücher??? Ach, die paar da unten!) Viele von uns müssen bei dem Bild schmunzeln. Aber einige lassen sich entmutigen. In den letzten Jahren sind zusätzlich zu den vielen Wohnmagazinen mit durchgestylten Anzeigen der Möbelhersteller auch noch unzählige wunderschöne Instagram Fotos entstanden. Bei Facebook werden oft Fotos von privaten Wohnungen gezeigt. Aber immer öfter sehe ich das die Verfasser „bitte die Unordnung nicht beachten!“ dazu schreiben. All dies vermittelt uns den Eindruck, dass es in den meisten Wohnungen absolut perfekt aussieht, und nur wir das nicht hinbekommen.
Machen wir etwas falsch?
Natürlich sieht es auch bei den anderen nicht aus „wie im Katalog“ sondern lebendig und bewohnt. Viele meiner Kunden vergleichen ihr Zuhause aber mit genau diesen unerreichbaren Idealbildern. Und befürchten, dass sie diesen Zustand nie erreichen werden.
Und, ist dieser Zustand nun unerreichbar?
Komischerweise hinterlassen die Menschen, die in diesen Ideal-Wohnungen leben, keinerlei Spuren. Wo doch fast jeder Einwohner Europas mindestens 10.000 Dinge besitzt! Im Gegensatz zu den Tieren benötigen wir unzählige Gegenstände, um uns wohl zu fühlen. Diese Dinge benutzen wir auch den ganzen Tag und deshalb liegen sie auch in unseren Wohnungen überall herum. Wo sind diese Dinge auf den Fotos? (Stifte, Zettel, Essensreste usw.) Der winzige Moment, an dem mal nichts, aber auch gar nichts herumliegt, ist somit immer ein Sonderfall. Aber gerade dieser Sonderfall wird uns als Normalität präsentiert. Und ja, dieser Zustand ist unerreichbar!
Wie entstehen diese „Katalog-Bilder“?
Die Fotos für die Möbelhäuser werden in Studios aufgenommen und nicht in echten belebten Wohnungen. Die sogenannten „Homestories“ in den Wohnzeitschriften entstehen erst nach stundenlangen Aufräumaktionen. Dabei räumen die Assistenten des Fotografen alles aus dem Weg, was die klare Optik stört. All diese Dinge werden rigoros in die Nachbarzimmer verbannt, in denen dann, während der Fotosession, das reinste Chaos herrscht. Einzig Ikea traut sich noch, ab und zu ein leicht unaufgeräumtes Bild zu veröffentlichen. Wie auf dem Foto oben rechts liegt auch mal etwas auf dem Boden. Schade - noch vor einigen Jahren sahen die Räume dort aus wie in Wirklichkeit. Da konnte ich noch sagen „bei mir sieht es aus wie im Katalog“ : )